Gesundheitswirtschaft.info (Teil 10)
Seit dem 1. April sind Apotheker entsprechend dem Rahmenvertrag zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverband verpflichtet, ein Generikum entsprechend dem Rabattvertrag einer Krankenkasse abzugeben. Rabattvertrags-Vereinbarungen beeinflussen also offensichtlich die ärztliche Entscheidung.
Aut idem-Verbot vor allem bei Medikamenten ohne Rabattvertrag, deutlich weniger bei rabattierten Arzneien
Medikamente unter Rabattvertrag haben entsprechend den gesetzlichen Regelungen „Vorfahrt“, es sei denn, der Arzt schließt die Substitution aus. Zwischen Januar und Juni 2008 stieg der Anteil der auf den Rezepten gesetzten aut idem-Kreuze im Markt der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von 13% auf 16% an. Diese Zunahme dürfte mit dem seit dem 1. April d.J. geltenden Rahmenvertrag zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverband zusammen hängen. Danach müssen Arzneimittel mit gleichem Wirkstoff und gleichen Darreichungsformen bei Existenz eines Rabattvertrages substituiert werden. Im GKV-Segment der rabattgeregelten Arzneien wird „aut idem“ denn auch deutlich weniger „verboten“ (12% im Juni) als bei unrabattierten Medikamenten (18%).
Unterschiede im Ausmaß des „aut idem“-Verbots nach Arzneigruppen
Bereits im Vorfeld der Verabschiedung des Rahmenvertrags wurde verschiedentlich darauf hingewiesen, dass ein Austausch bei einigen Arzneien kritischer ist als bei anderen. Das betrifft vor allem Medikamente, bei denen es auf die individuelle medikamentöse Einstellung besonders ankommt. Ein engeres therapeutisches Fenster haben bspw. viele ZNS-Präparate (ZNS: Zentrales Nervensystem) zur Therapie von neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen.
Tatsächlich gibt es hier deutliche Unterschiede wie aus einem Vergleich einiger Arzneigruppen hervorgeht. So erfolgt ein „aut idem“-Verbot relativ selten (13%) bei nichtsteroidalen Antirheuma- oder bestimmten Magenmitteln (14%). Hingegen schon mehr bei Herz-Kreislauf-Medikamenten wie z.B. ACE-Hemmern (17%) und bei ZNS-Präparaten wie Parkinsonmitteln (18%) oder Antiepileptika (19%).
Trennt man bei diesen Gruppen danach, ob ein Rabattvertrag besteht oder nicht, so zeigt sich durchgehend ein deutlich höherer Verbotsanteil von „aut idem“ bei Arzneien ohne Kontrakt.
Die Ärzte gehen also unterschiedlich mit der Austauscherlaubnis bzw. dem -verbot um. Besteht ein Vertrag, wird ein Einschränken der ärztlichen Therapiefreiheit offenbar hingenommen, wohl aus Sorge vor Regressen. Dieses Muster ist über alle Kassenarten hinweg festzustellen und vor dem Hintergrund plausibel, dass die Versicherungen bereits sehr stark bei den Ärzten nachhaken, um die Verträge umzusetzen.
Ob sich das Ausschlussverbot weiterhin erhöhen wird, dürfte von unterschiedlichen Faktoren abhängen, u.a. von den konkreten Erfahrungen, die Patienten bei Umstellungen machen. Ferner auch von den Empfehlungen der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), die das ärztliche Verordnungsverhalten mit beeinflussen. Denn in einzelnen KV-Regionen variiert der prozentuale Anteil des Aut idem-Verbots bei rabattgeregelten Präparaten zum Teil erheblich. So ist das Ausschlussverbot bspw. in Bayern mit nur 5% oder im KV-Gebiet Nordrhein mit 9% relativ gering, hingegen in Baden-Württemberg mit 13% oder in Sachsen mit 16% deutlich höher. Da die Krankenkassen ein starkes Interesse an der Umsetzung der Verträge auch in der Arztpraxis haben, werden sie mit besonderer Aufmerksamkeit auch den Substitutionsausschluss verfolgen.
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